Dienstag, 30. September 2014

Russland: Frauen ergreifen die Initiative gegen Zwangsdienst



Die Anfänge der Organisation der Soldatenmütter reichen in die Sowjetzeit zurück, als im Jahr 1989 die lettische Frauenliga eine Liste veröffentlichte, welche Folterungen und gewaltsame Todesfälle von Wehrdienstleistenden dokumentierte. Die organisatorische Struktur festigte sich darauf durch die Unterstützung für Soldaten und deren Familien, die im sowjetisch-afghanischen Krieg und im Konflikt um das transkaukasische Gebiet Nagorni Karabach gekämpft hatten.

Die beiden Tschetschenienkriege markierten später den vorläufigen Höhepunkt in der Arbeit der Frauen. Zehntausende von Anfragen hatten die Komitees zu bearbeiten. «Die Warteschlange von unserem Büro reichte bis auf die Strasse hinunter», erinnert sich Melnikowa. Die Soldatenmütter forderten die Einstellung der Kampfhandlungen und den sofortigen Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien. Sie organisierten landesweit Protestmärsche. Im Kriegsgebiet dokumentierten sie Menschenrechtsverletzungen und suchten den Kontakt zu den Konfliktparteien, um die Freilassung von Soldaten zu erreichen. Den Angehörigen leisteten sie Hilfestellung bei der Identifizierung der Toten und boten Rechtshilfe an.


Hier gehts weiter.

Während es in der Schweiz ein Frauenkomitee für den Zwangsdienst gibt, vereinen sich die Frauen in Russland gegen die Wehrpflicht. Es scheint also, als könnte die Schweiz von Russland in Fragen der Gleichberechtigung noch einiges lernen. 

Samstag, 27. September 2014

Was wurde eigentlich aus Abu Ghuraib?

Diese Frage stellt sich der aktuelle Spiegel und kommt zu erschütternden Resultaten:


Der Name Abu Ghuraib ist untrennbar mit barbarischer Grausamkeit verbunden. Schon unter dem irakischen Diktator Saddam Hussein war das Gefängnis berüchtigt. Und auch unter der neuen irakischen Regierung von Nuri al-Maliki wurde dort offenbar weiter misshandelt.

Doch weltweit für Schlagzeilen sorgten die Bilder, die während der US-Besatzungszeit entstanden. Manche der Fotos sind so erschreckend, dass amerikanische Gerichte derzeit diskutieren, ob sie überhaupt veröffentlicht werden dürfen. Auf den bekanntesten Bildern posierte die US-Soldatin Lynndie England mit einem nackten Mann, den sie wie einen Hund an der Leine hielt. England wurde zum Gesicht des Grauens.

Die einstigen Folterer sind wieder frei

Sie wurde unehrenhaft aus der US-Armee entlassen. Ein Militärgerichtverurteilte sie 2005 zu drei Jahren Haft, von denen sie eineinhalb Jahre verbüßte. Die heute 32-jährige Frau lebt wieder bei ihren Eltern in Fort Ashby im Bundesstaat West Virginia. Gelegentlich jobbt sie als Sekretärin bei einem Steuerberater, der sie schon als Teenager kannte.

Englands damaliger Freund und Mitangeklagter Charles Graner erhielt eine zehnjährigen Strafe, von der er sechseinhalb Jahre verbüßte. Bis zum 25. Dezember 2014 steht dem heute 46-Jährigen noch ein Bewährungshelfer der Armee zur Seite. Er gibt keine Interviews.

Nur wenige US-Soldaten wurden wegen ihrer Verbrechen in Abu Ghuraib verurteilt. Sie hatten verhältnismäßig niedrige militärische Grade. Ihre Vorgesetzten blieben straffrei, obwohl sie von der Folter wussten oder sie sogar ausdrücklich begrüßten. Auch von den CIA-Angestellten musste sich keiner verantworten. Ihnen wurde Immunität zugesichert.

Salah Hassan kämpft um ein Schmerzensgeld

Folter wurde damals als Mittel zum Zweck bis ins Weiße Haus hinein gut geheißen. In umgangssprachlich inzwischen als "Folter-Memos" bezeichneten Papieren diskutierte die damalige Regierung von PräsidentGeorge W. Bush verschiedene Folterpraktiken auf ihre Anwendbarkeit hin. Im Krieg gegen den Terrorismus wurden dabei Euphemismen wie "Walling" erfunden: Dabei wird ein Häftling immer wieder gegen eine Wand geschleudert.

In der Praxis lagerte der Staat die Folter häufig aus: Untersuchungen des Militärs kamen zu dem Ergebnis, dass Angestellte von US-Sicherheitsfirmen daran beteiligt waren.

Die Sammelklagen von irakischen Ex-Häftlingen gegen zwei dieser Firmen scheiterten. 2013 erhielten 71 irakische Kläger in einer außergerichtlichen Einigung insgesamt rund fünf Millionen Dollar von dem Unternehmen Titan - im Gegenzug für eine Einstellung des Verfahrens.

Der Journalist Salah Hassan kämpft noch immer für Gerechtigkeit. Auch er klagt gegen seine mutmaßlichen Peiniger. Es sind Angestellte der Firma CACI. Hassan fordert gemeinsam mit drei weiteren Irakern Schmerzensgeld. Seine Mitstreiter saßen teilweise jahrelang unschuldig in der berüchtigten Haftanstalt und wurden dort gefoltert.

Freitag, 26. September 2014

USA: Anwalt will gegen einseitige Belastung der Männer durch die Wehrpflicht klagen

Every American male at the age of 18 receives a notice in the mail from the federal government notifying them of their requirement to sign up for the Selective Service — commonly known as “the draft.” The Supreme Court ruled in 1981 that the federal government could require only men to register for the draft, based on Pentagon policy’s which barred women from combat roles. Since this policy has recently changed and women can now serve in these roles, one lawyer is planning a class action lawsuit to force the federal government to include women in the draft registration.


Ob man Antifeminist sein muss um für Gleichberechtigung zu kämpfen muss bezweifelt werden. Und auch, ob es der richtige Weg ist jetzt auch noch Frauen in den Krieg zu zwingen, scheint mehr als fragwürdig. Zwangsdienste gehören für Männer UND für Frauen abgeschafft.
Dennoch ist es gewiss nicht falsch über die geschlechtliche Dimension der Wehrpflichtfrage nachzudenken.

Donnerstag, 25. September 2014

Österreich: Gleiche Rechte für Frauen bei Milizübungen?

Eine Änderung des Wehrgesetzes soll Frauen in Sachen Milizübungen mit Männern rechtlich völlig gleichstellen. Das bedeutet, dass sich Frauen nach einer Freiwilligenmeldung künftig nicht mehr von der Verpflichtung zurückziehen können.

Bisher war das möglich, weil die Milizübungen auf der allgemeinen Wehrpflicht für Männer basieren. Die Novelle soll mehr Planbarkeit bringen, aber auch die Rolle der Frauen in der Miliz aufwerten, sagte ein Sprecher gegenüber der APA.

Die Novelle, die noch bis 17. Oktober in Begutachtung ist, betrifft auch Männer: Um die freiwilligen Meldungen zu Milizübungen zu erhöhen, wird die Gesamtdauer der zu leistenden Milizübungen gesetzlich flexibler gestaltet.


Berichtet das ORF
Ein Schritt in die falsche Richtung. Anstatt die Recht für Frauen einzuschränken und anzufangen ihnen die gleichen Pflichten wie Männern zuzumuten, sollte man besser anfangen den Männern die gleichen Rechte wie den Frauen zuzugestehen und die Wehrpflicht für Männer abschaffen. Die Rolle der Frau im Bundesheer wird durch derartige Maßnahmen jedenfalls nicht aufgewertet. 

Dienstag, 16. September 2014

Nigeria: Frauen blockieren Kaserne um Männer zu schützen

Rund 300 Frauen von Soldaten und 500 Kinder haben in der nigerianischen Stadt Maiduguri am Montag stundenlang die Giwa-Kasernen blockiert. Sie wollten verhindern, dass ihre Männer und Väter völlig unzureichend ausgerüstet in den Kampf gegen die islamischen Faschisten von "Boko Haram" im Norden des Landes geschickt werden. Die Frauen und Kinder blockierten die Kasernentore, bis die Armee den Abmarschbefehl zurücknahm.

Berichtet RF-News.

Deutschlandfunk Reportage: "Wehrdienst ohne Waffen: Vor 50 Jahren führte die DDR die Bausoldaten ein"

Den Audio-Beitrag findet man in der ARD Mediathek.

Österreich: Rekruten schlechter untergebracht als Gefangene


"Das, was ich in den letzten Jahren in manchen Kasernen gesehen habe, entspricht den Missständen bei syrischen und chinesischen Garnisonen." Bis heute seien die Burschen während ihres Dienstes am Staat in 40-Mann-Sälen untergebracht, Duschen verfügen mitunter über kein Warmwasser, viele Toiletten seien kaputt: "Da stinkt's, das ist erbärmlich." Seledec, der pro Jahr nach Beschwerden etwa zwei Dutzend Kasernen inspiziert, meint, bei beiden Koalitionsparteien sei gar nicht der politische Wille vorhanden, dass sich beim Heer Wesentliches ändert.

Paul Kiss, für die ÖVP in der Kommission, bestätigt die schlechten Zustände der Kasernen: "Die Truppe ist motiviert, aber es gibt kaum Geld für Verbesserungen - und die jungen Männer werden mit 307,46 Euro im Monat abgespeist wie Lohnsklaven."



 (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 6.9.2014)

Freitag, 12. September 2014

Israel: Soldaten verweigern Einsatz gegen Palästinenser

Israel haben 43 Mitglieder einer Sondereinheit des militärischen Geheimdienstes angekündigt, künftig Einsätze zu verweigern, die sich gegen Palästinenser richten. „Wir weigern uns, ein Werkzeug zu sein, das die militärische Kontrolle der besetzten Gebiete vertieft“, schrieben die 43 Reservisten der geheimen Einheit „8200“, deren Aufgabe es ist, die Kommunikation des Feindes abzuhören und für die Truppe nutzbar zu machen.

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Montag, 8. September 2014

Österreich: Zwangsdiener "mit 307,46 Euro abgespeist wie Lohnsklaven"

In Österreich tobt weiterhin die Debatte um die Reform des Bundesheeres. Die Bedürfnisse der Wehrpflichten stehen dabei an letzter Stelle, wie jetzt aus den Reihen der ÖVP zu hören ist:


Angesichts der herben Kritik am geringen Monatsgeld für Präsenzdiener, die Paul Kiss, für die ÖVP in der Bundesheerkommission, geübt hat („werden mit 307,46 Euro abgespeist wie Lohnsklaven“), stellt sein Parteikollege, Wehrsprecher Bernd Schönegger im Standard-Gespräch klar: "Diesen Ausdruck würde ich nicht verwenden – und der Sold für die Rekruten ist das letzte Problem, das wir im Zuge der Wehrdienstreform angehen müssen."
Wichtiger sei es, die Neuerungen bei Ausbildung, Gerät, Unterkünften sicherzustellen, denn: "Wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein wollen." Denn allein heuer müsse das Bundesheer 42 Millionen Euro einsparen, nächstes Jahr noch einmal 39 Millionen. „Dieses Tal müssen wir durchschreiten“, erklärt der ÖVP-Wehrsprecher, "das hat der Verteidigungsminister so mit dem Finanzminister verhandelt."

"Viele der jungen Männer fürchten die brutalen Aufnahme-Rituale, die Dedowschtschina genannt werden"

Über die Zustände im russischen Heer berichtet heute Deutsche MittelstandsNachrichten:



Viele der jungen Männer fürchten die brutalen Aufnahme-Rituale, die Dedowschtschina genannt werden. Dedowschtschina besteht aus Erniedrigungen, Vergewaltigungen und Folter von Wehrpflichtigen durch Dienstältere. Sie ziehen sich über einen langen Zeitraum hinweg und können auch mit dem Tod des Wehrpflichtigen enden. Im Jahr 2010 gab es im russischen Militär 1.700 Dedowschtschina-Opfer, berichtet Partnership for Peace Consortium of Defense Academies and Security Studies.

Hinzu kommt, dass es bis Ende 2013 in zahlreichen Kasernen keine Duschen gab. Zehntausende von Soldaten hatten nur Waschbecken zur Verfügung, meldet RIA Novosti. 500 Kasernen sollen betroffen gewesen sein. Die sanitären Einrichtungen sind noch heute mangelhaft.

General Nikolai Makarow beklagt, dass nur 11,7 Prozent der Russen im Alter von 18 bis 27 Jahren wehrtauglich sind. Etwa 60 Prozent könnten aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht eingesetzt werden. „Wir haben ein ernstes Problem und ich mache keinen Hehl daraus“, zitiert Global Security Makarow. Allerdings sind nicht nur erkaufte ärztliche Atteste ausschlaggebend für diese Misere.

Der Alkoholismus ist ein weit verbreitetes Phänomen in Russland. Etwa 40 Prozent aller arbeitsfähigen russischen Männer sterben an den Folgen des Alkoholismus, meldet der Guardian. Der exzessive Wodka-Konsum gilt in Russland unter jungen Männern als ein Männlichkeitsbeweis. Doch der hohe Ethanol-Gehalt schädigt die Gesundheit massiv.

Samstag, 6. September 2014

Warum Mehrheitsentscheidungen oft undemokratisch sind - besonders bei einem Volksentscheid über das Abtreibungsrecht

In einem aktuellen Beitrag für DieStandard beschwert sich Antje Schrupp darüber, dass es sich seltsam anfühlt, wenn auf einmal Männer über das Abtreibungsrecht der Frauen abstimmen dürfen:

Mich hat das ganze nochmal zu ein paar demokratietheoretischen Überlegungen gebracht, weil an diesem Beispiel ein grundlegendes Problem des Mehrheitsprinzips deutlich wird: Was ist mit Beschlüssen, die von ihrer Logik her nur bestimmte Menschen betreffen, und andere aber nicht? Ein Verbot der Abtreibung zum Beispiel würde ja nur Menschen betreffen, die schwanger werden können, also praktisch Frauen unter fünfzig. Sie aber wären bei einer solchen Abstimmung auf jeden Fall in der Minderheit.

Nur ein Drittel

Ich habe auf die Schnelle keine genauen Zahlen gefunden, aber das Durchschnittsalter in Deutschland liegt ungefähr bei 43 Jahren, ich würde großzügig gerechnet schätzen, dass höchstens zwei Drittel aller Menschen jünger als 50 sind (bis 49 Jahre werden Frauen in demografischen Berechnungen als "gebärfähig" eingestuft). Wenn davon die Hälfte Frauen sind, so bedeutet das, dass im Falle eines solchen Volksentscheides etwas verboten würde, das nur ein Drittel aller Menschen potenziell tun könnten.

Mit derselben Logik könnte man ja auch über ein Gesetz nachdenken, das alle Menschen, die kleiner sind als 1,50 Meter, dazu verpflichtet, Toiletten in Grundschulen zu putzen. Auch daran gibt es ein öffentliches Interesse (ein deutlich größeres als daran, Abtreibungen zu verhindern), und auch dazu fehlt es an anderen gesellschaftlichen Lösungen.
Die Unterscheidung in Menschen nach Größenkategorien ist in unserer Kultur allerdings nicht üblich, daher finden wir diese Vorstellung spontan absurd. Die Unterscheidung in Menschen nach Gebärfähigkeit hingegen ist kulturell in der Geschlechterdifferenz so tief verankert, dass sie vielen "natürlich" erscheint. Tatsächlich sind beides "natürliche" Phänomene – dass manche Menschen kleiner sind als 1,50 Meter und manche größer ist ebenso natürlich wie dass manche Menschen schwanger werden können und andere nicht.


Der Leser Rainer Käsek kommentiert:

Prinzipiell hat sie Recht, nur wo war der Aufschrei als 55% der Frauen für die Erhaltung der Wehrpflicht gestimmt haben (und noch viel mehr ältere, die sowieso nicht mehr zum Präsenzdienst müssen)?

Das hat sich für Männer nämlich genauso angefühlt, wie es sich für Frauen anfühlen müsste, wenn alte konservative und Nicht-Geschlechtsgenossen über Abtreibungen abstimmen würden. Mit der Ausnahme, dass es die Volksabstimmung zum Heer wirklich gab.


Schweden: Mehrheit der Befragten für Wiedereinführung der Wehrpflicht

Die Mehrheit der Schweden ist offenbar für die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Berichtet Radio Schweden:


Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sifo im Auftrag des Schwedischen Fernsehens wollen 61 Prozent der Befragten mehr für die Verteidigung ausgeben. Lediglich 8 Prozent wünschen eine Reduzierung und 18 Prozent keine Veränderung. Die Wehrpflicht wollen weit über die Hälfte (54 Prozent) der Befragten wieder einführen.

Offenbar hat sich die sicherheitspolitische Lage auf die öffentliche Meinung ausgewirkt. Im März dieses Jahres fanden nur 41 Prozent eine Stärkung der Streitkräfte für wichtig. Die Mehrheit der Parteien im Reichstag hat sich für zusätzliche Mittel im Verteidigungshaushalt ausgesprochen. Lediglich Linkspartei und Grüne wollen hier weiter einsparen.



Die Mehrheit der davon Betroffenen dürfte wohl dagegen sein. Aber die muss man ja nicht fragen.

DDR: Das Leiden der Bausoldaten

Für Leute die meinen Mann und Frau seien in der DDR nahezu gleichberechtigt gewesen und es sei nicht alles schlecht gewesen ist dieser Artikel ein Muss: 


"Aus den Berichten wissen wir, dass die Tätigkeiten auf der Baustelle eine körperlich sehr schwere Arbeit waren", sagt die Leiterin des Prora-Zentrums, Susanna Misgajski. "Das Ausheben der Kabelschächte mit Spitzhacke und Spaten wurde von den Bausoldaten als Repressionen empfunden, weil die NVA-Führung ganz bewusst auf den Einsatz von schwerer Technik verzichtet hatte."

Wer sich dem Drill oder gar der Einziehung zum Militär verweigerte, riskierte drakonische Strafen. Dafür standen das Haftarbeitslager Berndshof bei Ueckermünde und ab 1968 das Militärgefängnis in Schwedt. Hier wurden Befehls- oder "Totalverweigerer" wie Angehörige der Zeugen Jehovas interniert und schikaniert.


"Eine dunkle Zelle. Der Raum war leer."


Ein ehemaliger Insasse, der spätere Pfarrer Rainer Eppelmann, erinnert sich: "Eine dunkle Zelle. Der Raum war leer. An der Wand eine Pritsche mit Scharnieren und einem Haken." Morgens nach dem Wecken wurde die Liege hochgeklappt. Es gab keine Matratze, nicht einmal eine Decke, auch kein Kissen: "Da waren eben nur Bretter, auf die man sich legen konnte."

Ab 1975 zeichnete sich eine gewisse Lockerung ab. Bausoldaten wurden unter anderem als Hausmeister und Dienstpersonal im NVA-Erholungsheim eingesetzt. Radikal habe sich die Situation dann ab 1982 mit dem Baustart für den Fährhafen geändert, sagt Susanna Misgajski. Auch auf anderen Großbaustellen kamen Bausoldaten zunehmend zum Einsatz.

Die Diskriminierung der Bausoldaten war nach dem Ausscheiden aus dem Dienst nicht vorbei. Die Dossiers, die die Stasi über sie angelegt hatte, begleiteten ihren Lebensweg. Viele Bildungseinrichtungen oder Berufe blieben ihnen verwehrt.

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Soziologe: "Viele ukrainische Soldaten fühlen sich verheizt"

Nana Brink hat für Deutschlandradio Kultur den Soziologen Rudi Friedrich interviewt. Friedrich ist Mitglied des Connection e.V., einem Verein welcher sich für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und für Deserteure einsetzt.
Im Interview werden die Dinge entsprechend klar beim Namen genannt:

Ukraine: Den Kriegsdienst verweigern dürfen nur religiöse Minderheiten
Was Russland betrifft: Dort gibt es ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung, allerdings ist das so konstruiert, dass die Wehrpflichtigen sehr früh ihren Antrag stellen müssen, also ein halbes Jahr vor der Einberufung, und dass der Ersatzdienst für die Verweigerer sehr, sehr lange dauert.

Und in der Ukraine ist es so, dass gerade erst wieder die Wehrpflicht eingeführt wurde von der neuen Regierung in der Ukraine, Präsident Janukowitsch hatte die Wehrpflicht ausgesetzt. Mit der neuen Wehrpflicht und mit der Mobilisierung tritt natürlich die Frage der Verweigerung auch wieder auf, und da ist es so, dass praktisch nur Kriegsdienstverweigerer akzeptiert werden, die religiösen Minderheiten angehören, kleinen religiösen Gruppen.

Brink: Wie ist denn das angesehen in der Ukraine? Wissen Sie etwas darüber, erfahren Sie etwas? Kommen Menschen da, junge Männer, zu Ihnen?

Friedrich: Aus der Ukraine selber nicht, aber wir haben ... auch bei der OSZE kann man es nachlesen: Es gibt Berichte, dass gerade nach der letzten Generalmobilmachung vor etwa einem Monat es sehr viele Proteste gibt gegen die Einberufung, dass die Soldaten sagen, sie sind dort im Osten zu lange eingesetzt, die Versorgung in der Armee ist schlecht, dass die sagen, wir werden dort im Osten verheizt. Und es gibt eine ganze Reihe von Protesten, Straßen werden blockiert und besetzt und die Einberufungspapiere werden verbrannt. Es gibt also eine durchaus relevante Bewegung im Westen der Ukraine, dass dieser Krieg so nicht fortgeführt werden soll.


Auch die Rolle Europas wird im Bezug auf die Frage nach dem Asylrecht für Deserteure entsprechend deutlich beim Namen genannt:

Wir merken das hier in Deutschland dadurch, dass ... Ja, es gibt ukrainische Staatsbürger, die sind nach Deutschland gekommen mit der Idee, vielleicht beruhigt sich das bald wieder, ich gehe nach Deutschland als Erntehelfer zum Beispiel, und die realisieren nun: Es geht immer noch weiter, der Krieg wird weiter fortgeführt. Was kann ich tun, um möglicherweise in Deutschland zu bleiben? Also es tritt tatsächlich die Frage des Asyls für die Verweigerer auf. Und an dem Punkt stehen wir gerade.
Kriegsdienstverweigerung in Deutschland kein anerkannter Asylgrund

Brink: Also Sie haben aber dafür noch keine Lösung?

Friedrich: Na ja, so ein Asylverfahren dauert natürlich lange und die Argumente sind eigentlich aufseiten der Verweigerer, weil sie ihr Recht in aller Regel gar nicht in Anspruch nehmen können. Sie gehören nicht irgendwelchen religiösen Minderheiten an, die akzeptiert sind, sondern sie sagen, hier, aufgrund der Kriegssituation – ich kann da einfach nicht mitkämpfen. Und das würde in der Ukraine gar nicht akzeptiert werden. Insofern haben sie ein Argument, hier tatsächlich einen Schutz zu bekommen. Aber wir wissen aus der Vergangenheit, dass Kriegsdienstverweigerung eben nicht als Asylgrund anerkannt wird. Insofern ist das eine wirklich schwierige Situation. Aber wir stehen da erst am Anfang. 

Und auch die Menschenrechtsverletzungen in der russischen Armee werden thematisiert:


Brink: Ich würde noch gerne mal nach Russland blicken. Ist denn seit der Krimkrise die Zahl der Verweigerer dort gestiegen?
Friedrich: Das habe ich versucht irgendwie herauszufinden, ob es stärkere Anfragen gab, aber das konnte ich alles nicht verifizieren. Da kann ich also tatsächlich nicht zu sagen, ob es jetzt eine Veränderung gegeben hat. Grundsätzlich ist es so, dass es in Russland sehr viel Desertionen gibt, vor allen Dingen wegen der Misshandlung, die es in der Armee gibt, das nennt sich "Dedowschtschina", also die älteren Rekruten misshandeln seit Jahrzehnten die jüngeren Rekruten in sehr starkem Maße. Da gab es schon immer sehr viel Deserteure, tausende pro Jahr.
Es gibt auch eine gängige Form, dass Bestechungssummen gezahlt werden, um aus dem Militär herauszukommen. Und es gibt in Russland etwa 1000 Kriegsdienstverweigerer pro Jahr, die von verschiedenen Organisationen beraten und unterstützt werden, die dann eben einen sehr, sehr langen Ersatzdienst zu leisten haben.
Einmal Soldat, immer Soldat: kein Recht auf nachträgliche Kriegsdienstverweigerung

Brink: Aber die haben quasi keine Möglichkeit, wenn sie mal beim Militär sind, da einfach so rauszukommen?

Friedrich: Genau. Praktisch in allen Ländern im Osten Europas gibt es kein Recht für Reservisten und kein Recht für Soldaten, aus dem Militär wieder herauszukommen. Das Recht wird also nur frischen Rekruten oder in Russland sogar ein halbes Jahr vor der Einberufung gewährt. Das bedeutet auch, dass gerade ... Ja, wenn man sich die Ukraine ansieht, also wenn Reservisten jetzt zum Beispiel im Krieg eingesetzt worden sind und sie sehen, das will ich überhaupt nicht, das kann ich überhaupt nicht, das kann ich auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren – die haben überhaupt keine Chance, einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen.


Hier gibt es das vollständige Interview.

Frank-Walter Steinmeier gegen Wiedereinführung der Wehrpflicht

Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine wird immer offener über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland diskutiert.
Jetzt hat sich Frank-Walter Steinmeier gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ausgesprochen.
"Ich war immer Befürworter der Wehrpflicht, aber die ist Geschichte; ihre Wiedereinführung sehe ich nicht", sagte Frank-Walter Steinmeier in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung
Wenn Wehrpflichtbefürworter gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht sind haben sie andere Gründ als Menschenrechte, Recht auf Selbstbestimmung, Recht auf körperliche Unversehrtheit und Gleichberechtigung.

Montag, 1. September 2014

Twitter: tolle Kampagne zur Hodenkrebsvorsorge

Unter dem Hashtag #feelingnuts posten derzeit Frauen und Männer Bilder von sich auf Twitter auf denen sie sich in den Schritt fassen. Damit soll auf die Notwendigkeit zur regelmäßigen Selbstuntersuchung hingewiesen werden. So und nicht anders funktioniert Vorsorge. Die erzwungenen Untersuchungen im Rahmen der Musterung haben hingegen recht wenig damit zu tun. 
Der Focus mutmaßt ob die Aktion vielleicht der nächste große online Trend wird:

Unter dem Hashtag #feelingnuts posten sie Fotos und Videos von sich mit der Hand an den Kronjuwelen. Wer ein Bild gepostet hat, nominiert weitere Teilnehmer. Ins Leben gerufen hat die Aktion die britische Organisation Check One Two. Sie will mit der Aktion auf Hodenkrebs aufmerksam machen. Denn wenn der Krebs rechtzeitig erkannt wird, kann er geheilt werden. #feelingnuts ist aber nicht nur Männern vorbehalten. Auch Frauen sind mit von der Partie und stellen Fotos von sich online. Die lustigsten Bilder der Kampagne veröffentlicht Check One Two auf ihrer Homepage. Klar: Vorbild für #feelingnuts dürfte die Ice Bucket Challenge gewesen sein. Deren Initiatoren wollten Spenden für die Behandlung der Nervenkrankheit ALS sammeln. Daraus wurde ein Riesenhype, der gerade langsam wieder abebbt. Ob der Griff ans Gemächt jetzt der nächste große Netztrend wird?



Ukraine: Wiedereinführung der Wehrpflicht

Nachdem in den letzen Wochen schon alle Männer im "wehrdienstfähigen Alter" im Rahmen einer Generalmobilmachung zwangsweise eingezogen wurden und im Rahmen der Kämpfe im Osten des Landes zum Krieg gezwungen wurden, hat das Parlament nun auch langfristig die Wehrpflicht wiedereingeführt.
Die FAZ berichtet:

De Regierung in Kiew will die erst kürzlich abgeschaffte Wehrpflicht wieder einführen. „Der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat hat entschieden, die im Herbst wieder mit den Rekrutierungen zu beginnen“, sagte der stellvertretende Sekretär des Rats, Michail Kowal, am Donnerstag. Zuvor war der nationale Sicherheitsrat zu einer Krisensitzung mit Präsident Petro Poroschenko zusammengekommen, dem das Gremium unterstellt ist.

Die Ukraine hatte im Oktober 2013 den letzten Wehrdienst-Jahrgang für eine Dauer von einem Jahr einberufen. In sowjetischer Tradition wurden bis dahin zweimal im Jahr Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren zum Dienst an der Waffe gerufen. 2014 war als Übergangsjahr zur Berufsarmee geplant. Dann setzte der politische Umbruch und die schwere Krise im Osten des Landes ein, wo sich die Streitkräfte mittlerweile seit Monaten schwere Gefechte mit mutmaßlich von Russland unterstützten Separatisten liefern.