Samstag, 9. August 2014

BASTA: Offener Brief an die Ärztinnen und Ärzte der Gemeinde Linz

Neue Briefaktion der BASTA-Kampagne:


Sehr geehrte Ärztinnen und Ärzte der Gemeinde Linz,


als österreichischer Arzt bzw. als österreichische Ärztin haben Sie geschworen Ihr Wissen und Können zum Wohle der Menschen einzusetzen und die Menschenwürde und die Menschenrechte stets zu achten. Die Verantwortlichen des Bundesheeres planen nun zivile Ärzte einzusetzen, um erzwungene Untersuchungen an stellungspflichtigen Männern durchzuführen. Diese Untersuchungen beinhalten auch die zwangsweise Untersuchung der Genitalien – ohne Alternative. Erzwungene Nacktheit ist Missbrauch und ist mit der Würde des Menschen unvereinbar. Darum fordern wir Sie auf, sich nicht an den Musterungen des Bundesheeres zu beteiligen!

Erläuterung:

In diesem Jahr gehen vier bis sechs Ärzte der Stellungsstraße in Linz in Pension. Trotzdem werden im Rahmen der Wehrpflicht jedes Jahr mehrere tausend Männer gemustert und auf ihre Tauglichkeit geprüft. Der entstandene Personalmangel zwingt die Verantwortlichen dazu auf zivile Ärzte zurückzugreifen. Diese sollen einen Pool bilden und die Aufgaben der pensionierten Ärzte des Bundesheeres übernehmen.

Die Stellung beinhaltet sowohl die Untersuchung der Analregion inklusive Penetration, Palpation der Hoden, sowie Sicht und Tastuntersuchungen des Penis. All diese Untersuchungen werden beim Bundesheer ohne Sichtschutz in Anwesenheit einer Schreibkraft durchgeführt. Ein Recht auf einen Arzt des gleichen Geschlechtes gibt es beim Bundesheer nicht. Für den Stellungspflichtigen ist diese Untersuchung verpflichtend. Es besteht also faktisch ein Zwang für junge Männer sich auch gegen ihren Willen intim berühren und penetrieren zu lassen.

Die Folgen dieser erzwungenen Untersuchungen können für die Betroffenen kaum ermessbare Folgen haben. Da der Zwang für jeden besteht, trifft er auch jene, welche schon als Kind Erfahrungen mit sexueller Gewalt machen mussten. Das wiederholte Erzwingen von Berührungen und Penetration führt zu massiven Retraumatisierungen. Die Untersuchungen sind auch für Einwanderer anderer Kulturkreise mit österreichischer Staatsbürgerschaft verpflichtend. In vielen Kulturen gibt es ein höheres Schamempfinden als in Europa. Erzwungene Nacktheit vor dem anderen Geschlecht hinterlässt bei den Betroffenen tiefe Wunden über welche sie aus Scham nicht sprechen können. Ein gesundes Schamempfinden gehört aber zur Natur jedes Menschen. Durch erzwungene Untersuchungen im Intimbereich wird dieses massiv verletzt und durch diese Grenzverletzung kann es zu einer Traumatisierung kommen.

In Deutschland hat das Bundesministerium für Familie und Soziales 2004 eine Pilotstudie mit dem Titel „Gewalt gegen Männer“ veröffentlicht. Diese wissenschaftliche Studie zeigt, dass eine erschreckend hohe Zahl an Männern diese Untersuchung als massiven Eingriff, Demütigung und Belastung mit empfindlichen psychischen Folgeschäden empfunden hat. Wir sind eine internationale Gruppe von Menschenrechtsaktivisten, welche sich gegen Erniedrigungen dieser Art einsetzt. Im Laufe der Jahre haben wir mit immer mehr Männern Kontakt, welche unter einem Musterungstrauma leiden und auf psychologische Unterstützung angewiesen sind.

Darum fordern wir Sie auf, sich nicht an den Untersuchungen der Stellungskommission zu beteiligen. Sie haben geschworen die Menschenwürde stets zu achten, jetzt steht ihr Schwur auf der Probe. Sie haben auch geschworen stets zum Wohle des Patienten zu handeln und auch dieser Schwur steht auf der Probe, denn es hat sich gezeigt, dass diese Art der erzwungenen Untersuchung den Betroffenen massiv schadet.

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